WAR SCHON IMMER SO....
[...]Soll mir die Arbeit nicht schmecken,
gäbst Freund lieber mich frei:
tät besser, das Leder zu strecken,
und ließ alle Poeterei!
Und doch, ´s will halt nicht gehen:-
Ich fühl´s und kann´s nicht verstehn,-
Kann´s nicht behalten, -doch auch nicht vergessen:
Und faß ich es ganz, kann ich´s nicht messen!-
Doch wie wollt ich auch messen,
was unermeßlich mir schien.
Kein´ Regel wollte da passen,-
Und war doch kein Fehler drin.
Es klang so alt, -und war doch so neu,-
Wie Vogelsang im süßen Mai!
Wer ihn hört
Und wahnbetört
Sänge dem Vogel nach,
dem brächt es Spott und Schmach:-
Lenzes Gebot,
die süße Not,
die legt es ihm in die Brust:-
nun sang er, wie er mußt,
und wie er mußt, so konnt er´s,-
das merk ich ganz besonders.
Dem Vogel, der heut sang,
dem war der Schnabel hold gewachsen;
macht er den Meistern bang,
gar wohl gefiel er doch Hans Sachsen!-
Aus dem "Fliedermonolog" des Hans Sachs,
Dritte Szene, zweiter Aufzug, der Oper
"Die Meistersinger von Nürnberg"
Von Richard Wagner
(Uraufführung: 21.Juni 1868 in München)